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More than an 8 second ride −
San Antonio Stock Show & Rodeo

Yeee Haww, it‘s rodeo time − Heute, am 3. Februar 2006, fängt das 57. San Antonio Stock Show & Rodeo an. Der zweiwöchige Anlass gehört mit jährlich über 1 Million Besuchern zu den grössten dieser Art im ganzen Lande. Das wollen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Für nur 10 $ pro Person erhalten wir Eintritt zum Festivalgelände und dem SBC Center, wo am Abend das Rodeo der professionellen Bull Riders und ein Live Concert stattfindet.

 

Federvieh − Das Gelände ist riesig und es gibt tausend Sachen zu entdecken. Wir betreten eine der Halle und finden uns in einer uns fremden Welt wieder. In mehreren Kolonnen reiht sich Käfig an Käfig. Darin untergebracht sind Truthähne und Hühner. Sie alle warten darauf einer Jury vorgeführt und bewertet zu werden. Mit dem Kopf nach unten werden die Tiere von ihren Besitzern den beiden Juroren vorgehalten. Einer im Cowboy-Look, der andere in einer weissen Schürze, untersuchen und betasten sie die Tiere an verschiedenen Stellen. Leider können wir nicht ausmachen, nach welchen Kriterien hier gewertet wird. Interessant und unterhaltsam ist aber vor allem das Drumherum. Der Wettbewerb scheint ein richtiger Familienanlass zu sein. Die einen machen es sich in Campingstühlen um die Käfige herum gemütlich. Ein paar andere kümmern sich währenddessen hingebungsvoll um die Tiere. Dabei wird kein Aufwand gescheut. An einigen Käfigen wurden gar Ventilatoren installiert, die dem Hühnchen angenehmere Temperaturen verschaffen. So macht es vor den Juroren hoffentlich einen besonders frischen Eindruck ;-)

 

Mischling − Eine Halle weiter treffen wir auf eine komische Mischung zwischen Kuh, Kamel und Esel. Wer sich nun nicht vorstellen kann, wie diese Kreatur aussieht, den verweisen wir auf unsere Bildergalerie. Auch im Kuhstall wird kein Aufwand gescheut, um vor der Jury einen guten Eindruck zu schinden. Eine Frau macht sich gerade mit dem Staubsauger an ihrem Tier zu schaffen.

 

Pig race − Draussen sind zur gleichen Zeit Schweinchenrennen im Gange. Für Säuliliebhaberin Lulu natürlich ein riesen Gaudi. Mit Decken bestückt, auf denen die Startnummern aufgenäht sind, rasen die kleinen Schweinchen los und legen sich in die Kurven. Das Sagmehl stäubt und mitunter wird auch mit nicht ganz fairen Mitteln gekämpft. Vor allem auf der Schlussgeraden, in Sichtweite des Fressnapfs, geht es hart zur Sache. Wesentlich gemütlicher nehmen es da die grösseren Hängebauchschweine. In lockerem Trab legen sie den Rundkurs zurück und kümmern sich dabei weder um die Zeit noch um ihre Konkurrenten.

 

Verfressen − Im Streichelzoo kommen wir Hängebauchschweinchen, Ziegen, Schafen, Eseln, Rehen und Lamas ganz nah. Die meisten interessieren sich jedoch nicht weiter für uns, sobald sie merken, dass in unserem Plastiksack keine Leckereien versteckt sind.

 

Was das Herz begehrt − Auch Pferde dürfen beim San Antonio Stock Show & Rodeo nicht fehlen. Wir schauen eine Weile beim Barrel Racing zu. Reiterin und Pferd versuchen möglichst schnell den Kurs in Form einer 8 um zwei aufgestellte Fässer herum zu bewältigen. Wir finden die Reiterinnen und den Kommentar des Hallenmeisters jedoch etwas lahm. Wesentlich beeindruckender sind die Riesenrösser, die in einem Stall auf ihren Pausenauftritt beim abendlichen Rodeo warten. Da muss man den Kopf schon tief in den Nacken legen, um den Tieren in die Augen schauen zu können.

Im Vergleich dazu sind die Pferdchen beim Ponyreiten Zwerge. Den kleinen Cowboys und Cowgirls auf ihren Rücken ist dies egal. Mit einem Strahlen auf dem Gesicht reiten sie stolz an uns und an ihren Eltern vorbei. Ebenfalls voller Stolz aber teilweise auch etwas verängstigt zeigen sich jene Kinder, die von ihren Eltern für ein Foto auf eine Stierattrappe gesetzt werden.

Wir können uns an all den Attraktionen kaum satt sehen. Wo man auch hinschaut, gibt es etwas Neues zu entdecken. In den Markthallen bieten über 600 Händler ihre Waren an. Hier findet man Westernkleidung, Pferdesättel, Silberschmuck, Möbel, Metallschilder und vieles mehr.

 

Toni − Wie es sich für eine echte «Chilbi» gehört, findet man auf dem Gelände auch einen Rummelplatz. Jemand schenkt uns seine nicht gebrauchten Coupons, mit denen man die Fahrten auf den verschiedenen Bahnen bezahlen kann. Lulu kommt so zu einer Gratisfahrt auf dem Twister. Da es nur wenig Andrang hat, lässt der Betreiber die Bahn aussergewöhnlich lange laufen. Mehr als einmal gibt er nach einer Erholungsphase nochmals Schub und Lulu’s Wägelchen dreht sich erneut im Kreis. Was Lulu normalerweise geniessen würde, wird heute zur Qual. Durch den Fahrtwind und die auf sie einwirkenden Fliehkräfte, spürt sie erneut ihren Nacken. Immerhin ist der Vorfall von San Marcos nur ein paar Tage alt. Wir wollen darum die restlichen Coupons für die Fahrt auf dem gemütlichen Riesenrad einsetzen. Aber leider ist dessen Betrieb wegen Windes eingestellt.

Ein aggressiver Schiessbudenbetreiber versucht Markus dazu zu überreden, bei ihm sein Glück zu versuchen. Er meint, dass Markus nur bezahlen müsse, wenn er mit den 3 Pfeilen auch tatsächlich 3x die Ballone treffen würde. Markus will nicht mitmachen. Der Betreiber lässt nicht locker und Lulu findet Markus solle es versuchen und wenn es nur dazu dient, den Schauesteller zur Ruhe zu bringen. Am Schluss regt sie sich jedoch von allen am Meisten auf, als Markus $5 für einen gelben, kitschigen Plüschhund mit einer Rose im Mund abliefern muss. Da die Ballone an der Wand so dicht aneinander aufgehängt sind, ist es fast unmöglich nicht zu treffen. Es hilft auch nichts, dass Markus seinen dritten Pfeil extra daneben setzt. Der «grosszügige» Schiessbudenbetreiber gibt ihm ausnahmsweise noch einen vierten Versuch.

Mit unserem neuen Familenmitglied Toni (von San Antonio) unter dem Arm verlassen wir den Rummelplatz. Lieber geben wir weiteres Geld für unsere Verpflegung aus. Auch in dieser Hinsicht ist das Angebot vielfältig. Wir entscheiden uns für einen klassischen Hamburger und fried chicken. Zum «Dessert» erhalten wir ein Gratismüsterchen eines Fertigchili.

 

An Army of one − Das San Antonio Stock Show & Rodeo bietet auch dem amerikanischen Militär eine gute Werbeplattform. Sie sind an zwei Ständen vertreten und versuchen junge Amerikaner und Amerikanerinnen für die Army zu gewinnen. Für viele Jugendliche bietet die Armee eine einzigartige Chance ein Studium zu absolvieren, da das Militär die Ausbildungskosten übernimmt. Dafür kann man jederzeit vom Militär für einen Einsatz aufgeboten werden. Den Preis, den man dann bei einem allfälligen Kriegseinsatz zahlt, kann ungleich höher sein.

 

Auf den billigen Plätzen − Inzwischen ist es Abend geworden und wir begeben uns ins SBC Center, wo um 19.30 Uhr das Xtreme Bull Riding der Professional Rodeo Cowboy Association (PRCA) beginnt. Unsere Plätze befinden sich in der letzten Reihe unter dem Dach der riesigen Arena. Sie setzen Schwindelfreiheit voraus und bieten dafür eine geniale Übersicht. Da niemand hinter uns sitzt, können wir zum Fotografieren ungestört aufstehen. Und falls man etwas im Detail sehen möchte, schaut man auf die riesigen Monitore, die in der Mitte der Halle aufgehängt sind und das Geschehen unten in der Arena übertragen.

Die Eröffnungsshow ist typisch amerikanisch. Sie geht mit viel Rauch, Feuerwerk und Emotionen über die Bühne. Nach dem Einmarsch der «Gladiatoren» folgt die amerikanische Nationalhymne und ein Gebet für einen unfallfreien Wettbewerb. Nach diesen besinnlichen Minuten geht es hart auf hart los. Das Gatter öffnet sich und der erste Stier stürmt in die Arena. Mit wilden Sprüngen und Drehungen versucht er, seinen Reiter loszuwerden. Die Regeln sind einfach. Ziel des Reiters ist es, mindestens 8 Sekunden oben zu bleiben. Dabei darf er sich nur mit einer Hand an einem Seil, welches um den Bauch des Bullen gelegt ist, festhalten. Die Bewertung (Höchstpunktzahl 100) basiert zu 50% auf der Leistung des Reiters und zu 50% auf der Aktivität des Stieres.

Bull riding ist Action pur. Harte Schläge in den Rücken und unsanfte Landungen im Sägemehl gehören für einen Bull Rider zum Alltag. Gefährlich wird es, wenn die Reiter unter dem Stier landen und dieser droht, sie mit den Hufen oder Hörnern zu attackieren. In solchen Situationen greifen die «Clowns» ein. In ihren farbigen Kleidern versuchen sie den Stier vom Reiter abzulenken, damit dieser Zeit hat wieder auf die Beine zu kommen und sich in Sicherheit zu bringen. Dazu stellen sich die Clowns bisweilen mutig vor die Stiere oder schubsen sie von hinten weg. Um diesen Job zu erledigen braucht es schnelle Beine, gute Reaktionsfähigkeit und starke Nerven. Dank den Clowns und den durchtrainierten Bull Ridern gibt es an diesem Abend nur einen Verletzten zu beklagen. Dieser war mit seiner Hand am eng angezogenen Seil hängen geblieben und so mehrmals vom Stier hin und her geschleudert worden.

Zwischen den Bull Riding Durchgängen sorgen in der Pause die Riesenpferde, welche wir heute Nachmittag in ihrem Stall besucht haben, für Unterhaltung. Sie ziehen eine mit Budwiser Bier beladene Kutsche durch die Arena. Als zweite Pausenattraktion wird ein Mutton Bustin durchgeführt. Bei diesem Wettbewerb müssen Nachwuchs-Rodeoreiter zwischen 4 und 7 Jahren für mindestens 6 Sekunden auf einem Schaf reiten. Die meisten Kinder fallen schon relativ früh runter. Nur einer schafft fast eine komplette Umrundung der Arena. Die Kleinen tragen alle einen Helm. Bei den professionellen Bull ridern ist diese Art von Schutz kaum verbreitet. Die meisten von ihnen bevorzugen den Cowboyhut.

Nach der Pause geht es nochmals Schlag auf Schlag. Stiere wirbeln durch die Arena, Reiter fliegen durch die Luft und landen hart auf dem Boden. Die Siegerehrung wird im Gegenzug zur Eröffnungsshow kurz und simpel gehalten. Es wäre sowieso unmöglich, das soeben gebotene Spektakel zu übertreffen.

 

Live Concert − Im Anschluss an das Xtreme Bull Riding folgt ein Konzert des Country Sängers Dierks Bentley. Er und seine Band stehen auf einer runden, sich drehenden Bühne in der Mitte der Arena. Die schnellen Songs reissen die Zuschauer mit und bilden so einen krönenden Abschluss eines erlebnisreichen Tages. Und Dierks Bentley darf nun auch zwei Schweizer zu seinen Fans zählen. :-)

 

Show auf Knopfdruck − Kaum ist der letzte Ton ausgeklungen, verlassen die Zuschauer schlagartig das Stadion. Schon bald werden die Gänge leer und die Lichter gelöscht sein. Scheinbar handelt es sich hierbei um ein amerikanisches Phänomen. Denn bereits nach dem NHL Match in Phoenix erlebten wir das gleiche Szenario. Die Show ist vorbei, nichts wie weg, scheint das Motto zu sein. Bei uns hält die Aufregung des soeben miterlebten noch etwas an. Trotzdem verlassen wir das Gelände und kehren zu Nanuq zurück. Beim nächsten Flying J Truckstop fahren wir raus und verbringen die Nacht.